Wie Fintechs die Finanzbranche revolutionieren
„Bankgeschäfte sind notwendig, Banken nicht“, befand Bill Gates bereits im Jahr 1994, lange vor dem Internet-Banking. Der Microsoft-Gründer sollte mit dieser verbalen Provokation recht behalten.

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Das Internet stellt seit Jahren klassische Geschäftsmodelle der Wirtschaft auf den Kopf: Streamingdienste wie Spotify oder Netflix, Share Economy Angebote wie AirBnb oder Car Sharing, Blockchains und Bitcoins oder Finanzdienstleistungen wie LaterPay oder Paypal.
Die beiden Letztgenannten sind Beispiele für sogenannte FinTechs. Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff für technologisch entwickelte Finanzinnovationen, die neue Finanzinstrumente und Dienstleistungen ermöglichen.
FinTechs sind meistens Startups, die versuchen, der etablierten Bankenbranche mit innovativen Ideen, Marktanteile abzunehmen. Den Verbrauchern wird beispielsweise ermöglicht, ohne Mittelsmann direkt über das Internet beispielsweise Geld anzulegen, einen Kredit aufzunehmen, Bezahlvorgänge abzuschließen oder eine Finanzberatung in Anspruch zu nehmen.
Fintechs optimieren digitale Prozesse
Durch starke Kundenorientierung, schlanke Firmenstrukturen und optimierte digitale Prozesse greifen FinTechs wie Kreditech oder Laterpay mit innovativen und attraktiven Angeboten für Privatkunden erfolgreich etablierte Geschäftsmodelle der Banken oder Versicherungen an. ‘This is a time of huge opportunity in finance, as long as you are something other than a bank,’ wie The Economist bereits 2012 prognostizierte.
Während die traditionelle Banken- und Versicherungsbranche sehr stark durch den Staat reguliert wird, fehlt es für die digitalen FinTech-Angebote an ähnlichen Vorgaben. Da diese nicht unter klassische Definitionen fallen, brauchen die Start-ups meiste keine Bank- oder Versicherungslizenz, und müssen deshalb auch nicht die damit verbundenen Eigenkapitalvorschriften erfüllen. Laut dem PwC Global FinTech Report könnte bis zum Jahr 2020 mehr als 20 % des globalen Bankengeschäfts durch FinTechs abgewickelt werden.
PSD2: Gravierende Veränderungen für den Zahlungsverkehr
Und nicht nur der Kunde bringt das klassische Bankgeschäft mit seinem geänderten Nutzerverhalten in Bedrängnis, auch die Politik spielt den Fintechs in die Hände: Seit dem 13. Januar 2018 ist die Directive on Payment Services, eine EU-Richtlinie der Europäischen Kommission zur Regulierung von Zahlungsdiensten und Zahlungsdienstleistern in der gesamten Europäischen Union (EU) und dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), in Kraft. Ziel der Richtlinie ist es, den europaweiten Wettbewerb und die Teilnahme an der Zahlungsbranche auch von Nichtbanken zu vergrößern, sowie durch die Harmonisierung des Verbraucherschutzes und der Rechte und Pflichten für Zahlungsdienstleister und Nutzer gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Brüssel will damit den europäischen Zahlungsverkehr sicherer, bequemer und günstiger machen. Der Markt soll vor allem für Drittanbieter, die FinTechs, geöffnet werden und neue Businessmodelle ermöglichen. Experten erwarten einen Preiskampf für Finanzdienstleistungen, der die Banken in Bedrängnis bringen wird.
Andere sehen einen positiven Einfluss der FinTechs, weil sie den Banken helfen, ihre Abläufe zu vereinfachen. Viele Geldhäuser streben deshalb nach neuen Partnerschaften, um von den neuen disruptiven Technologie zu profitieren.